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„Wir brauchen mehr Mut beim Ausbau der Ladesäulen“

Interview mit Prof. Johannes Schlaich

Johannes Schlaich ist Professor für Mobilität und Verkehr an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Im Interview spricht er über die Praxistauglichkeit von Elektroautos und erklärt, wie Digitalisierung den Ausbau der E-Mobilität unterstützen kann.

Bei einer Urlaubsfahrt von Berlin nach Usedom haben Sie getestet, wie gut E-Mobilität auf längeren Strecken funktioniert. Welche Eindrücke nehmen Sie mit?

Usedom hat mir gut gefallen. Die Fahrt mit dem e-Golf hat Spaß gemacht. Allerdings haben wir auch einige Schwierigkeiten erlebt, die unseren Plan durcheinandergebracht haben. Wir mussten flexibler sein als mit einem Diesel oder Benziner. Grund war weder der e-Golf noch die E-Mobilität selbst, sondern vielmehr der Zustand der Infrastruktur rund um das E-Auto. Insgesamt bin ich mit einem gemischten Bild nach Hause gekommen.

Fangen wir mit dem Positiven an – was hat Sie überzeugt?

Ich mag das Fahrgefühl. E-Autos sind dynamisch, man hat keine Schaltung. Gleichzeitig ist es ein angenehmes, ruhiges Fahren. Das macht Freude, obwohl ich auf längeren Strecken sonst lieber mit der Bahn unterwegs bin. Der zweite Pluspunkt: Ein E-Auto nimmt mir etwas von meinem schlechten Gewissen. Es wird ja immer wieder über die Ökobilanz diskutiert. Aber wenn ich vom Ziel der Energiewende her denke, den Anteil des Ökostroms deutlich zu steigern, dann sind Elektrofahrzeuge eindeutig besser für das Klima als Verbrenner. Zusätzlich fahren sie ohne lokale Schadstoffemissionen.

Was sind die Nachteile?

Ich musste die Route besser planen, damit ich Zwischenstopps sinnvoll zum Laden nutzen konnte. Auf dem Hinweg haben wir dadurch immerhin ein hübsches Städtchen kennengelernt, an dem wir sonst vorbeigefahren wären. Auch das Hotel konnte ich nicht ganz frei wählen, weil ich auf eine Ladesäule in der Nähe achten musste. Mir als Mobilitätsforscher macht so etwas Spaß. Aber vermutlich ist es nicht jedermanns Sache. Unerfreulich wird es, wenn etwas Unerwartetes geschieht.

Zum Beispiel?

Am Vorabend der Reise musste das Hotel unsere Buchung stornieren. So kurzfristig war es natürlich schwierig, Ersatz zu bekommen. Letztlich haben wir in einem Hotel übernachtet, das vier Kilometer von der nächsten Ladestation entfernt lag. Diese Strecke mussten wir am Abend zu unserer Unterkunft gehen und am nächsten Morgen wieder zurück. Wir hatten gutes Wetter – es war ein schöner Spaziergang. Aber mit kleinen Kindern oder auf Geschäftsreise braucht man so etwas nicht. Ein zweites Problem hatten wir bei einer Pause auf der Rückfahrt: Als wir vom Essen kamen, stellten wir fest, dass die Ladesäule nicht funktioniert hatte.

„Ich musste die Route besser planen, damit ich Zwischenstopps sinnvoll zum Laden nutzen konnte.“

Johannes Schlaich

Wie sind Sie nach Hause gekommen?

Wir haben die nötige Reichweite an der Nachbarsäule geladen und sind dann langsam über die Landstraße nach Berlin gefahren. Dass eine Ladesäule nicht funktioniert, hatte ich noch nie erlebt. Vielleicht habe ich auch das Ladekabel falsch angeschlossen – aber darum geht es gar nicht. Solche Erlebnisse sprechen sich herum und beeinflussen die Bereitschaft, auf ein E-Fahrzeug umzusteigen. Beim Neuwagenkauf entscheiden sich die meisten Menschen im Zweifel für die sichere Lösung.

Wo würden Sie ansetzen, um die Hemmnisse zu beseitigen?

Es geht um drei Dinge – Preis, Reichweite, Lademöglichkeiten. Was den Preis betrifft, ist die erhöhte Kaufprämie für E-Autos ein sinnvoller Anreiz. Die Hersteller sind gefragt, die Reichweiten zu erhöhen. Und bei der Ladeinfrastruktur brauchen wir die richtigen Stationen an den richtigen Stellen in ausreichender Menge.

Was heißt das konkret?

Der beste Ort zum Laden ist zuhause – dort steht das Auto ohnehin viele Stunden ungenutzt. Bei Einfamilienhäusern mit eigener Lademöglichkeit ist das die ideale Lösung. In Großstädten, wo viele Autofahrer an der Straße parken, brauchen wir öffentliche Ladesäulen in kurzen Entfernungen. Sinnvolle Ergänzungen sind Ladestationen am Arbeitsplatz und an Supermärkten. Gerade das Laden während des Einkaufs passt ideal zur Alltagsmobilität, denn an einer Schnellladesäule ist die Batterie binnen 30 Minuten halb voll und nach dem Einkauf wird der Ladeplatz sofort frei. Für Fernreisen brauchen wir zusätzlich ein Schnellladenetz an den Hauptverkehrsstraßen.

Wo liegen die Schwierigkeiten?

Nehmen wir das Laden zuhause: In Eigentümergemeinschaften und Mehrfamilienhäusern wird die Anschaffung einer Wallbox oft durch Miteigentümer oder Vermieter ausgebremst, die der Installation nicht zustimmen. Deshalb ist es gut, dass die Politik die rechtlichen Hürden senken will. Wer ein E-Auto kauft, muss auch eine Wallbox installieren dürfen.

Wie kann die öffentliche Ladeinfrastruktur vorankommen?

In den Städten gilt: Wir brauchen mehr Mut beim Ausbau der Ladesäulen. Wir müssen raus aus der Henne-Ei-Problematik - niemand kauft ein Elektroauto, wenn es keine Lademöglichkeiten in der Nähe gibt. Deshalb rate ich, nicht zu viel Zeit in Kosten-Nutzen-Rechnungen zu stecken, sondern lieber loszulegen. Nach dem Prinzip: Wir schaffen ein Angebot und nehmen in Kauf, dass es erst später voll genutzt wird. An den Fernstraßen dagegen sollte der Bund für eine koordinierte Planung sorgen. Einerseits müssen dünn besiedelte Gebiete versorgt sein. Andererseits ist es ineffizient, wenn zu viele Schnellladesäulen nebeneinander gebaut werden. Digitale Lösungen können helfen, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen.

„Wer ein E-Auto kauft, muss auch eine Wallbox installieren dürfen.“

Johannes Schlaich

Wie kann das aussehen?

Der erste, einfache Ansatzpunkt ist eine komplette Übersicht aller Lademöglichkeiten. Heute gibt es zwar verschiedene Karten, aber keine ist vollständig. Zweitens brauchen wir verlässliche Live-Daten zur Verfügbarkeit von Ladeplätzen. Heute erfahre ich, ob an einer Ladesäule ein Stecker eingesteckt wurde - aber ich weiß nicht, ob auch der Parkplatz wirklich frei ist. Drittens: Ich muss mir die Verfügbarkeit sichern und die Ladesäule im Voraus buchen können. Für Lkw-Parkplätze gibt es Reservierungsfunktionen – warum nicht für E-Autos? Der letzte Punkt: Einfaches Bezahlen mit einer Karte an jeder Ladesäule.

Neue Fahrzeuge wie der ID.3** bringen höhere Reichweiten mit. Wie wichtig ist das für den Erfolg der E-Mobilität?

Mit dem Anstieg der Reichweiten, sagen wir von 200 auf 400 Kilometer, überschreiten wir eine wichtige Grenze. 400 Kilometer – das ist bei vielen Autos mit Verbrennungsmotor mehr als ein halber Tank. Das nimmt viel von der Angst, dass die Batterie im Alltag leer laufen könnte. Auch auf Fernstrecken kommen wir an eine wichtige Marke, denn nach drei bis vier Stunden machen die meisten Menschen ohnehin eine Pause, die sie zum Schnellladen nutzen können. Wir erreichen also den Bereich der gewohnten Mobilität. Das ist wichtig, denn wir sollten nicht darauf setzen, dass die Leute ihr Verhalten der E-Mobilität anpassen.

Welche Rolle spielt in Zukunft die Bahn?

Wir brauchen eine starke Schiene – schon um die Klimaziele zu erreichen. Über den Lebenszyklus gesehen hat die Bahn eine deutlich bessere CO₂-Bilanz als jedes Auto. Die Bahn spielt auch eine wichtige Rolle, um unsere Städte lebenswerter zu machen. Auf einer stark ausgelasteten S-Bahn-Strecke sind pro Stunde in jeder Richtung rund 10.000 Fahrgäste unterwegs. Das entspricht rund fünf Fahrstreifen auf einer Bundesstraße, die in die Stadt führt. Wir werden noch lange Autos brauchen – aber sie könnten die Bahn nicht ersetzen.

An welchen Urlaubsort würden Sie das nächste Mal mit einem E-Auto fahren?

An der Ostsee hat es mir sehr gut gefallen. Das würde ich gern wiederholen. Es wäre schön, wenn wir dann etwas mehr Reichweite hätten. Dann würde ich die Zwischenstopps entlang der Mecklenburgischen Seenplatte planen und die Batterie erst am Ziel laden.

Zur Person
Johannes Schlaich (41) ist Professor für Mobilität und Verkehr an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Zu seinen Arbeitsgebieten gehören unter anderem Integrierte Verkehrsplanung, Verkehrsmodellierung und Digitalisierung im Verkehr. Mit einem e-Golf von WeShare startete er Ende Mai 2020 in den Urlaub auf der 233 Kilometer entfernten Insel Usedom. Auf Twitter berichtete er über seine Reise.

  • WeShare

    ist ein Service der UMI Urban Mobility International GmbH, einer Gesellschaft der Volkswagen AG. Seit Juli 2019 bietet WeShare in Berlin komplett elektrisches Carsharing mit 1.500 E-Fahrzeugen, die ausnahmslos mit Grünstrom betrieben werden. Der „Vehicle on Demand”-Service arbeitet nach dem „Free-Floating“-Prinzip ohne fixe Vermietstationen und funktioniert digital per App.
     

Verbrauchskennzeichnung

* e-Golf: Stromverbrauch, kWh/100 km: kombiniert 14,1 - 13,2; CO₂-Emission kombiniert, g/km: 0; Effizienzklasse: A+

** ID.3: CO2-Emission in g/km: 0; Effizienzklasse: A+

Inter/view

In der neuen Reihe „Inter/view“ sprechen wir mit unabhängigen Köpfen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über die Mobilität der Zukunft. Im offenen Dialog diskutieren wir, wo die Schwierigkeiten liegen, auf welche Lösungen wir uns freuen können und wie sich der Verkehr klimaneutral organisieren lässt.

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