"Ich schau' mal, was ich tun kann"
So hatten sich das die Einwohner des schwäbischen Althengstett wohl nicht vorgestellt: Mit frisch gebackenem Hefezopf und Kaffee wollte man den 22 jungen Männern aus Gambia und Somalia eigentlich einen freudigen Empfang bereiten. Doch die afrikanischen Flüchtlinge brachen lieber zu einer Demonstration zum Landratsamt auf, um größere Räumlichkeiten in der Flüchtlingsunterkunft durchzusetzen. Die gab es aber nicht. Stattdessen reichlich Irritationen und auch Empörung bei den Althengstettern über das Verhalten der Neuankömmlinge. Nicht so bei Porsche-Mitarbeiter Axel Hammann: „Ich schimpfe mal nicht mit, sondern schaue, was ich tun kann, hab ich mir gedacht.“ Gesagt, getan: Kurzerhand meldete sich der 45-jährige Familienvater im Frühjahr beim örtlichen Arbeitskreis Asyl.
Seitdem beschäftigt sich der Porsche-Mitarbeiter am Standort Weissach nicht nur mit der Integration von Fahrwerken - sondern auch mit der Integration von Flüchtlingen in seinem Heimatdorf. Und haut dabei auch mal auf den Tisch. „In solchen Arbeitskreisen wird immer viel geredet, aber wenig gemacht“, ärgert er sich. Dafür aber ist ihm die Zeit zu schade. Bis zu sechs Stunden widmet Hammann in der Woche den Neuankömmlingen, zu denen neben den 22 jungen Afrikanern auch zwei Familien aus Syrien gehören. Man sei lange Zeit naiv gewesen, findet Hammann, denn die Integrationsarbeit erweise sich als Mammutaufgabe. Seinen Beitrag jedoch sieht Hammann weniger politisch, sondern vielmehr als nötige Mitarbeit im Kleinen. Vor allem im Schriftverkehr versucht er zusammen mit seinem Bruder zu unterstützen. „Die meisten der Asylbewerber haben keinerlei Überblick über ihren derzeitigen Status, versäumen es, ihren Ausweis zu erneuern oder geraten in Schwierigkeiten mit der Polizei“, berichtet Hammann und hatte vom Behördenbrief über Mahnungen bis hin zu Strafbefehlen schon mit so manchem „Papierkram“ zu tun.
Nebenbei macht er kleinere Reparaturen an den Fahrrädern, die die Gemeinde ihren neuen Nachbarn gestellt hat. Viel lieber aber versucht er den Bewohnern der Unterkunft zu vermitteln, wie wichtig Eigeninitiative ist - nicht nur bei der Arbeit an der Fahrradkette: „Einmal habe ich mir von einigen Bewohnern den beruflichen Hintergrund in ihrer Heimat aufgeschrieben und ihnen dann Adressen gegeben, um sich um ein Praktikum bewerben zu können.“ Einige seien diesem Ratschlag gleich gefolgt. „Ein paar sind sehr motiviert, wollen die Sprache lernen und ziehen von alleine los, um sich Arbeit zu suchen“, berichtet Hammann. Andere hingegen würden vor allem darauf warten, endlich einen Aufenthaltsstatus zu bekommen.
Der Wertschätzung vieler der Flüchtlinge ist sich Hammann trotz dieser Unterschiede gewiss: "Wir haben mittlerweile ein kumpelhaftes Verhältnis entwickelt."
Wir haben mittlerweile ein kumpelhaftes Verhältnis entwickelt.
Abends sitze man oft zusammen, während des Ramadans sei er auch schon zum nächtlichen Fastenbrechen geladen worden, für das die Männer am gemeinsamen Vier-Platten-Herd gekocht hatten. In Streit geraten ist Hammann noch mit keinem der Flüchtlinge. „Wer sich nicht integrieren will, dem kann ich auch nicht weiterhelfen.“ Diskussionen gibt es eher zuhause. „Meine Frau kann nicht so ganz verstehen, warum ich mir das antue.“ Die Stunden in der Flüchtlingsunterkunft bedeuteten eben auch einige Zeit, die er nicht als Familienvater zuhause sei. „Natürlich ist es manchmal schwierig“, sagt Hammann, ohne zu beschönigen, „aber dann gibt es doch immer wieder positive persönliche Erlebnisse, für die es sich lohnt weiterzumachen.“.