Corona-Pandemie hier, Rohstoffengpässe dort – und dazwischen eine ganze Handvoll sich rasant entwickelnder Megatrends, von Digitalisierung über Flexibilisierung bis hin zu Elektrifizierung. Wie bedient man in einer derart dynamischen Gemengelage die Mobilitätsbedürfnisse von Kunden und speziell Flottenkunden?
Dazu sprachen wir mit zwei Experten aus unseren eigenen Reihen: unserem Vertriebs- und Marketingvorstand der Volkswagen Financial Services AG Anthony Bandmann (rechts) und Sven Kunath, Senior Vice President Direct Fleet Europe.
Anthony, Du verantwortest seit rund einem Jahr das Vertriebsressort der Volkswagen Financial Services AG. Klammern wir die durchaus turbulenten Startbedingungen nochmal kurz aus: Welche Ziele hast Du Dir generell gesetzt?
Ich sehe meine Kernaufgabe ganz klar darin, die Stimme des Kunden im Unternehmen zu sein. Kundenzentriertheit hat für mich drei wesentliche Aspekte. Erstens: dass wir die Bedürfnisse der Kunden im Detail verstehen und darauf aufbauend alle Produkte beziehungsweise Dienstleistungen immer vom Kunden her denken. Zweitens: dass wir früh antizipieren, wie sich seine Bedürfnisse in unserer volatilen Welt verändern und darauf mit passenden Lösungen reagieren können. Und drittens: dass wir, sozusagen als Enabler, die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent ausschöpfen.
Im Herbst vergangenen Jahres bestimmte die Corona-Pandemie in weiten Teilen unseren privaten wie geschäftlichen Alltag. Wie gelingt es, die Stimme des Kunden zu sein, wenn man den Kunden nicht persönlich besuchen kann?
Als Corona aufkam, war ich gerade erst in die USA zur VW Credit Inc. gewechselt. Und offen gestanden gab es angesichts der unklaren Lage erstmal viele Fragezeichen. Wie kann Vertrieb funktionieren ohne Kontakt vor Ort? Letztlich verbrachte ich 19 meiner 26 Monate dort im Home-Office. Und was soll ich sagen? Es hat funktioniert – genauso, wie es dann im Oktober 2021 hier funktioniert hat: indem man sich umstellt, neue (Kommunikations-)Wege geht, digitale Tools nutzt und die Kundenbeziehung darüber weiter pflegt. Wenn man sein Gegenüber vorher noch nie persönlich getroffen hat, ist die Sache natürlich ungleich komplizierter. Wir wissen ja: In einer Besprechung zählen die zehn Minuten vor und nach dem Meeting mindestens so viel wie das Meeting selbst. Unser Business war, ist und bleibt eben ein People‘s Business. Der menschliche Kontakt kann durch nichts ersetzt werden.
Sven, wie hast Du diese Thematik speziell im Flottenbereich erlebt?
Ich bin da ganz bei Anthony. Der persönliche Draht, den unsere Key Account Manager zu den Fuhrparkkunden pflegen, ist nicht nur unglaublich wertvoll – er wird von den Kunden auch explizit gewünscht. Die Flottenverantwortlichen möchten einen Ansprechpartner, der greifbar ist, der Lösungen bringt, bei dem sie face-to-face auch mal ihren Unmut abladen können. Allerdings, das muss man auch dazu sagen: Interessanterweise sind die Beziehungen zu vielen Kunden während der Corona-Pandemie sogar noch enger geworden: weil man bei den digitalen Meetings auf einmal im privaten Raum der Kunden war. Da läuft die Katze über den Schreibtisch, da spicken die Kinder kurz durch die Tür – im „analogen“ Key Account Management wäre das so nicht möglich gewesen.
Anthony: Ich denke, mit Blick auf die Zukunft kann man sagen: Es wäre der falsche Weg, jetzt wieder komplett zurück in die „alte Welt“ zu gehen. Wir werden die Effizienzsteigerungen, die Corona für die Abläufe mit sich gebracht hat, beibehalten – ohne aber die zwischenmenschliche Sphäre aus den Augen zu verlieren.
Die Beschäftigten müssen und wollen auch künftig mobil bleiben. Und wenn es nicht mit dem eigenen Dienstwagen ist, dann mit anderen Mobilitätsdienstleistungen, die wir ihnen so einfach wie möglich zugänglich machen werden.
Bleiben wir bei Corona: Wie hat sich die Pandemie denn auf die Mobilitätsbedürfnisse der Kunden und, daran anknüpfend, auf die Angebote ausgewirkt?
Sven: Unsere Gespräche mit Flottenkunden zeigen: Sind die Beschäftigten überwiegend im Home-Office, verliert der Dienstwagen natürlich etwas an Relevanz. Aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass die betriebliche Mobilität unwichtiger wird – zumal wir ja künftig hoffentlich keinen kompletten Lockdown mehr erleben werden wie noch zu Pandemiebeginn. Die Beschäftigten müssen und wollen auch künftig mobil bleiben. Und wenn es nicht mit dem eigenen Dienstwagen ist, dann mit anderen Mobilitätsdienstleistungen, die wir ihnen so einfach wie möglich zugänglich machen werden.
Anthony: Insgesamt lässt sich festhalten, dass Corona bereits bestehende Trends unglaublich beschleunigt hat. Ein Auto nutzen statt es zu kaufen, die eigene Mobilität maximal flexibel gestalten, von überall auf Informationen zugreifen und Angebote online abschließen – ohne die Pandemie hätte es sicher einige Jahre gedauert, bis sich all das auf Kundenseite als Bedürfnis etabliert. Sven sagte es gerade: Mobilitätsdienstleistungen sind, auf privater wie betrieblicher Ebene, ein enorm wichtiges Thema für die kommenden Jahre.
Du sprichst hier von der künftigen Mobilitätsplattform innerhalb des Volkswagen Konzerns …?
Anthony: Ganz richtig. Dahinter steht die Idee, dass sich Kunden Mobilitätsdienstleistungen nicht mehr mühsam aus unterschiedlichsten Apps und Angeboten zusammensuchen müssen. Stattdessen werden die Marken des Volkswagen Konzerns ihnen maßgeschneiderte Mobilitätsservices über jeweils eine eigene markenspezifische App zugänglich machen. Die Kunden können diese Dienste dann ganz nach Bedarf nutzen, sie miteinander kombinieren oder auch zwischen ihnen wechseln: vom spontanen Ride-Hailing über Carsharing für ein paar Stunden bis hin zum Auto-Abo für mehrere Monate. Unser Job als Volkswagen Financial Services ist es, die entsprechende Plattform mit den Marken gemeinsam zu entwickeln – natürlich mit konsequentem Fokus auf die Ansprüche der jeweiligen Kundenklientel. Erste Piloten dazu werden wir im vierten Quartal dieses Jahres in Wien und Anfang 2023 in Hamburg starten.
Sven: Das Ganze folgt einem zweistufigen Ansatz. Nach der von Anthony angesprochenen Zentralisierung der Dienste wird die Mobilitätsplattform – voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts – um autonome Fahrzeuge ergänzt. Damit wird das neue Konzept gerade auch für Firmenkunden nochmals interessant, weil sich gänzlich neue Möglichkeiten für die Gestaltung der betrieblichen Mobilität ergeben.
Welche Rolle spielt Europcar in diesem Zusammenhang?
Anthony: Durch den Abschluss der Europcar-Transaktion hat der Konzern einen extrem wichtigen Meilenstein gesetzt. Denn die Europcar Mobility Group wird zum zentralen Eckpfeiler der neuen Mobilitätsplattform werden: mit ihrem dichten Stationsnetz an Flughäfen, Bahnhöfen sowie städtischen Standorten und ihren Kompetenzen im Bereich Flottenmanagement.
Die Elektromobilität ist gekommen, um zu bleiben – und wird sich, auch beschleunigt durch die aktuellen Entwicklungen, weiter ausprägen.
Biegen wir zum Ende unseres Gesprächs nochmals ab – in Richtung Elektromobilität. Anthony, Sven: Wieviel „Drive“ ist gerade in diesem Thema?
Anthony: Man hört und liest ja derzeit viel über E-Fuels & Co. Solche synthetischen Kraftstoffe sind natürlich eine gute Sache, haben aber eher begleitenden Charakter, quasi als Brücke zur Elektrifizierung. Lassen Sie es mich so formulieren: Die Elektromobilität ist gekommen, um zu bleiben – und wird sich, auch beschleunigt durch die aktuellen Entwicklungen, weiter ausprägen. Der Drive ist also ungebrochen, sowohl von Seiten der Gesellschaft als auch von Seiten der Kunden.
Sven: Das kann ich für den Fuhrparkbereich absolut unterschreiben. Ob Mittelständler oder Großkonzern: Quasi alle Unternehmen haben das Thema Nachhaltigkeit inzwischen weit oben auf ihrer Agenda – und gelangen damit zwangsläufig zur Flotten-Elektrifizierung. Umso wichtiger ist es für uns an dieser Stelle, jeden Kunden individuell zu bedienen, weil die Voraussetzungen natürlich höchst unterschiedlich sind. Einige Firmen kommen mit konkreten Vorstellungen auf uns zu, haben sich bereits Gedanken zum Beispiel übers Laden am Unternehmensstandort gemacht; andere wiederum fragen uns erstmal: Kann ich mit meinen Fahrprofilen überhaupt auf Elektromobilität gehen? Wir supporten unsere Großkunden deshalb mit unserem sogenannten Electrification-as-a-Service-Ansatz. Sprich: Wir bieten ihnen einen zentralen Ansprechpartner – und senken damit für sie die Komplexität im Dreiklang zwischen Fahrzeugen, Ladeinfrastruktur und digitalen Dienstleistungen. Zusammen im Schulterschluss mit Experten aus dem Konzern, wie Elli¹⁾, MHP²⁾ und weiteren, finden wir die passenden Lösungen. Das geht von großen Fragestellungen wie „Was muss ich tun, um eine Flotte in 23 Ländern zu elektrifizieren“ bis hin zu Details à la „Wie verargumentiere ich gegenüber unserem Einkauf, dass E-Bike-Leasing eine gute Ergänzung für unsere betriebliche Mobilität ist?“. Den Kunden in solchen Dingen maßgeschneidert und vor allem ganzheitlich zu begleiten – das verstehen wir unter Kundenzentriertheit.
Aktuelles zum Thema
¹⁾Elli ist eine Marke des Volkswagen Konzerns und ein Anbieter von Energie- und Ladelösungen.
²⁾Ein Porsche-Tochterunternehmen.
Stand: 26.09.2022
© Volkswagen AG