Im Interview mit Jochen Schmitz
Jochen Schmitz leitet bei Volkswagen Financial Services den Bereich International Fleet. Im Interview spricht er über die aktuellen Veränderungen und Herausforderungen des Flottenmarktes – und wie sein Team die Kunden in diesen dynamischen Zeiten unterstützt.
Herr Schmitz, Sie arbeiten schon lange im Flottengeschäft. Hat sich das Business rund um den Dienstwagen sehr verändert?
Bis vor etwa fünf Jahren war der Markt relativ statisch. Seither hat er enorm an Dynamik zugelegt.
Woran liegt das?
Der Flottenmarkt steht vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite wird der Markt von Zeit zu Zeit mit veränderten Regularien auf EU- und nationaler Ebene konfrontiert, zum anderen rücken neue Mobilitätslösungen und Trends immer mehr in den Fokus. Früher konnten sich die Kunden allenfalls zwischen Benziner oder Diesel sowie Full-Service-Dienstleistungen oder eher prozessorientiertem Fuhrparkmanagement entscheiden. Mittlerweile ist die Auswahl an Optionen deutlich größer: Elektromobilität, progressive RAC Lösungen, Ridesharing, Carsharing, Dienstfahrräder, E-Scooter, Mobilitätsbudgets – Flottenmanager sehen sich zahllosen Mobiltätsalternativen gegenüber. Gefragt sind mehr denn je flexible und integrierte Lösungen. Dementsprechend besteht die heutige Aufgabe darin, für Kunden eine individuell passende Antwort zu finden.
Wie hat das Ihre Arbeit verändert?
Die Beratungsintensität hat zugenommen. Schließlich ist es unser Ziel, den Kunden individuell und lösungsorientiert zur Seite zu stehen – damit die jeweils richtigen Entscheidungen für die individuellen Fuhrparkziele getroffen werden. Gemeinsam analysieren wir den Bedarf und integrieren geeignete Angebote ins Fuhrpark- und Mobilitätsmanagement. Am besten gelingt dies alles aus einer Hand.
Gilt dies auch für die Elektromobilität?
Auf alle Fälle! Die Elektromobilität ist der größte Gamechanger in der Flotte und im Markt generell. Entsprechend erleben wir ein sehr großes Interesse an der E-Mobilität – einschließlich der dazugehörenden Services wie Charging sowie der dafür nötigen Infrastruktur zu Hause oder am Arbeitsplatz.
Das war vor einigen Jahren noch anders, oder?
Das ist richtig, wobei wir schon seit 2018 unsere Kunden in Richtung Elektromobilität umfassend beraten. Aktuell werden E-Fahrzeuge vor allem aus Sicht der Gesamtkosten immer interessanter für Unternehmen. Entsprechend kommen Fuhrparkbetreiber oftmals gar nicht um die Überlegung herum, E-Fahrzeuge einzuflotten. Hinzu kommt, dass weltweit immer mehr Regionen ein Austrittsdatum des Verbrenners bei Zulassungen verkünden, und darüber hinaus haben auch einige Hersteller das Ende der Entwicklung von Verbrennungsmotoren ab einem bestimmten Stichtag bekannt gegeben. Nicht zu vergessen: Die Elektromobilität kann positiv auf die Corporate Responsibility wirken – etwa wenn sie als zentrales Instrument zur Erreichung der eigenen CO₂-Ziele eingesetzt wird. Allerdings ist die Elektrifizierung der Flotten etwas komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint.
Inwiefern?
Weil es mit der Beschaffung von Elektrofahrzeugen allein nicht getan ist. Unternehmen müssen sich mit zahlreichen weiteren Themen auseinandersetzen, beispielsweise dem Auf- oder Ausbau einer betriebsinternen Ladeinfrastruktur oder dem Lastenmanagement. Außerdem sollten auch Fahrer- und Einsatzprofile ausgewertet und abgestimmt werden. Last, but not least: Die unterschiedlichen staatlichen Fördermöglichkeiten – hier gibt es landesspezifische Unterschiede.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei?
Wir haben bei Volkswagen Financial Services unsere Key-Account-Manager auf Elektromobilität geschult, die gemeinsam mit ihren Kollegen aus dem Volkswagen Konzern den Kunden zur Seite stehen und ein ganzheitliches Konzept erstellen können. Neben den genannten Themen unterstützen wir Kunden auch bei der Car-Policy sowie mit Kostenanalysen für die mögliche Nutzung von E-Fahrzeugen im Vergleich zu ihren Hybrid- oder Benziner- und Diesel-Pendants.
Sie haben bereits den Trend zu ganzheitlichen, integrierten Mobilitätslösungen angesprochen – welche Veränderungen erleben Sie ganz konkret bei Ihren Kunden?
Immer mehr Großkunden vereinen Dienstreise- und Fuhrparkmanagement – und verlangen nach einer kombinierten Darstellung beider Bereiche. Ganz konkret heißt das: Reisebuchungen und flottenrelevante Themen sollen zentral von einem Anbieter betreut werden – von der Abrechnung bis zum Reporting. Klar gibt es weiterhin Unternehmen mit der klassischen Dienstwagen-Policy, aber der Bedarf an neuen Lösungen ist definitiv spürbar. Nehmen Sie beispielsweise ein Unternehmen im urbanen Umfeld, das sogenannte Young Professionals binden möchte: Hier kann es sinnvoll sein, den klassischen Dienstwagen mit ÖPNV- oder Carsharing-Angeboten zu ergänzen. Unterm Strich geht es also darum, die berufliche Mobilität auf Lebenssituation und -umfeld der Mitarbeitenden abzustimmen. Die Lösung lautet also: flexiblere und multimodale Mobilitätsdienstleistungen.
Der klassische Dienstwagen hat also bald ausgedient?
Nein – wir sehen nach wie vor einen starken Wunsch nach dem individuellen Dienstwagen. Außerdem sind wir der Meinung, dass das Auto auch künftig den größten Teil der Mobilität ausmachen wird. Aber ergänzt um weitere Mobilitätsangebote.
Wie ist aktuell die Nachfrage nach dem ID?
Sehr gut, und wir gehen davon aus, sobald die ersten Fahrer den ID.3 in der Flotte nutzen und den Kollegen zeigen, dass das alltagsaugliche Fahrzeuge sind, dann werden auch die Langstreckler umsteigen.
Hat die Corona-Pandemie das Beschaffungsverhalten verändert?
Das lässt sich schwer beurteilen. Anfangs haben wir eine gewisse Zurückhaltung bei den Renewals und der Beschaffung beobachtet – wie im gesamten Markt auch. Vor allem in der ersten Lockdown-Phase hatten einige Kunden den Wunsch nach Vertragsverlängerungen geäußert. Danach gingen die Zahlen der Bestellungen aber schnell wieder nach oben. Was auf jeden Fall feststellbar ist: Die Kunden fragen nun noch viel stärker nach flexiblen Vertragslösungen. Langfristig wird auch die Diversifikation in multimodale Mobilität das klassische Autogeschäft ergänzen. Ferner wird die Digitalisierung auch im Flottengeschäft Einzug erhalten. Denn während der Lockdown-Phasen haben viele Mitarbeiter, Dienstwagenfahrer und Mobilitätsnutzer gelernt, zahlreiche Aufgaben im Homeoffice remote und online zu erledigen. Das wird sich in der Nach-Corona-Zeit auch bei fuhrparkrelevanten Themen stark bemerkbar machen und beispielsweise den Bedarf an digitalen Lösungen für das Flottengeschäft erhöhen.
Was ist Ihr Wunsch für 2021?
Ganz klar: Dass wir wieder zurückkehren können in eine Post-Corona-Normalität. Und natürlich wünsche ich mir, dass wir mit unseren Projektteams weiter so engagiert arbeiten. Ich bin mir sicher, dass wir mit Volkswagen Financial Services bis zum Jahr 2025 der international wichtigste Partner für Flottenmobilität sein werden.
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Stand: 05.05.2021
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